William Th. Mulvany wollte den Rhein begradigen

Der Ire William Thomas Mul­va­ny war überzeugt, dass die wirt­schaft­li­che Ent­wick­lung ei­ner Re­gi­on sehr stark von der Ge­stal­tung der Ver­kehrs­sys­te­me und da ins­be­son­de­re von den Was­ser­we­gen be­ein­flusst wird. Nach seinen Plänen würde Düsseldorf heute nicht mehr am Rhein liegen. Er wurde am 11. März 1806 geboren – morgen jährt sich dieser Tag zum 219sten Mal.

1855 kam er nach Deutsch­land und übernahm die Lei­tung der neu ­ge­grün­de­ten Ze­che Hi­ber­nia in Gel­sen­kir­chen, später leitete er auch Shamrock. Hibernia ist La­tei­nisch und bedeutet Ir­land, Shamrock steht für das irische Kleeblatt. In kur­zer Zeit wur­de er zu ei­nem an­er­kann­ten Ex­per­ten im Berg­fach. Er ließ sich mit seiner Familie in Düsseldorf nieder. Damit trug er dazu bei, dass Düsseldorf den Ruf als „Schreibtisch des Ruhrgebiets“ erhielt.

Als ge­lern­ter Ver­mes­sungs­tech­ni­ker und Was­ser­bau­in­ge­nieur war er in Irland zuvor viele Jahre lang im Board of Pu­blic Works in Dub­lin mit der Re­gu­lie­rung des Shan­non be­fasst. Das sollte die häufigen Über­flu­tun­gen der Ufer­ge­bie­te ver­hin­dern und er sollte den Fluss als Ver­kehrs­weg aus­­bau­en. Offensichtlich war er ein erfolgreicher und engagierter Mitarbeitern, denn 1842 wurde er zum Lei­ter der iri­schen Ent­wäs­se­rungs­ar­bei­ten berufen.

Während und nach der „Großen Hungersnot“ (Great Famine), bei der mehr als zehn Prozent der irischen Bevölkerung starben, sollten große öffentliche Bauprojekte nicht nur Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen sein, sondern auch das Risiko von überschwemmtem landwirtschaftlichen Gebiet und damit weiterer Hungersnot verringern. Doch aufgrund von politischen Machtwechseln wurde Mulvany entmachtet und verließ den Staatsdienst.

Da kam das Angebot genau zur richtigen Zeit, als Bergwerkschef ins Ruhrgebiet zu kommen. Als Zechen-Chef führ­te Mulvany neueste Technologien aus dem Norden Englands ein. Dazu gehört beispielsweise – unterstützt von der preu­ßi­schen Berg­be­hör­de – die Ver­wen­dung guss­ei­ser­ner Rin­ge (Tub­bings) beim Schacht­bau ein. Deshalb galten die von Mul­va­ny ge­lei­te­ten Ze­chen An­fang der 1860er Jah­re als die mo­derns­ten Bergwerksbe­trie­be, gar als der „Stolz West­fa­len­s“. Zudem bestanden die ers­ten Zechen-Be­leg­schaf­ten zum Gro­ßteil aus Eng­län­dern und Iren.

Als ers­ter Berg­bau­un­ter­neh­mer des Ruhr­gebiets wag­te er 1859 den Export von Koh­le ins Ausland. 1861 ließ er Hi­ber­nia-Koh­le bis nach Bos­ton und Bue­nos Ai­res ver­schiffen. Mul­va­ny be­wies damit, dass Koh­le aus dem Ruhr­revier auch auf dem Welt­markt kon­kur­renz­fä­hig war. Das war auch nötig, denn die gesteigerten Fördermengen überstiegen nun die Nach­fra­ge der hei­mi­schen Märk­te.

Mulvany wollte langfristige Veränderungen schaffen und legte sich daher mit den auf eher kurzfristige Gewinnerzielung gerichteten Eigentümer an. Es folgten sein Abschied von Hibernia und Shamrock und die Gründung eines eigenen Zechenunternehmens. Weil aber dessen Investoren nicht nachschießen wollten, ging es in Konkurs.

Mulvanys Weitblick sorgte dafür, dass er auch weiterhin einen Ruf als ex­zel­len­ter Fach­mann behielt – vor al­lem in Fra­gen des Gü­ter­ver­kehrs. Er for­der­te, die un­ko­or­di­nier­ten ein­zel­nen Bahn­sys­te­me in Deutsch­land zu verstaatlichen, damit zu vereinheitlichen und kri­ti­sier­te die Fracht­ta­ri­fe der pri­va­ten Ei­sen­bahn­un­ter­neh­men als viel zu hoch. Während des Deutsch-Franzuösischen Kriegs 1871 fehlte es dann noch an Waggons. Das führt im März 1871 in Düs­sel­dorf zur Grün­dung des „Langnam­ver­ein­s“ (Ver­ein zur Wah­rung der ge­mein­sa­men wirt­schaft­li­chen In­ter­es­sen in Rhein­land und West­fa­len).

Um 1870 kon­zi­pier­te William Thomas Mulvany ein ge­samt­eu­ro­päi­sches Ei­sen­bahn- und Was­ser­stra­ßen­netz. Er schlug vor, viele Flüsse durch Kanäle zu verbinden. Das meiste wurde nicht verwirklicht. Um die Frachtkosten vor allem für Kohletransporte zu verbilligen, propagierte er das Konzept der Binnen-See-Schifffahrt. Dazu sollten Seeschiffe so weit wie möglich ins Binnenland fahren, Umladevorgänge sparen und damit die Transporte aus dem Ruhrgebiet günstiger und somit international wettbewerbsfähig werden. Vor allem wollte er den Rhein regulieren, das heißt sein Flussbett zwischen der Mündung bis Köln vertiefen.

Ein Teil seiner Plans war ein Durchstich des Rheinbogens bei Heerdt und somit die Begradigung des Stroms. Welch Glück für Düsseldorf, dass dies nie geschehen ist – sonst wären wir heute ein Stadt, die nicht mehr am Rhein liegt.

Das Grab von William Thomas Mulvany liegt auf dem „Millionenhügel“ des Nordfriedhofs.

Zwar wurde Mulvany in ei­ne ka­tho­li­sche Fa­mi­lie hin­ein­ge­bo­ren, kon­ver­tier­te aber um 1825 zur an­gli­ka­ni­schen Kon­fes­si­on. Wahr­schein­licher Grund: be­ruf­li­ches Fortkommen. Denn er arbeitete viele Jahre für den englischen Staat, zunächst im Ver­mes­sungs­dienst der bri­ti­schen Ar­mee (Ord­nan­ce Sur­vey), aus dem er nach kur­zer Zeit in den zi­vi­len Grenz­ver­mes­sungs­dienst (Boun­da­ry Sur­vey) wechselte.

Vor der anglikanischen Kirche in der Rotterdamer Straße (Christ Church) erinnert eine 1985 errichtete Stele an William Thomas Mulvany.

Heute tragen auch der Mulvanypark und die Mulvanystraße in Derendorf / Pempelfort seinen Namen.

Mehr über ihn und sein Leben lässt sich in seinem Wikipedia-Beitrag lesen:
https://de.wikipedia.org/wiki/William_Thomas_Mulvany

Hörenswert ist das ihm gewidmete WDR Zeitzeichen vom 30. Oktober 2020:
https://www1.wdr.de/mediathek/audio/zeitzeichen/audio-william-t-mulvany-irischer-unternehmer-todestag–100.html

PS: Sie können Friedhöfe – nicht nur den Düsseldorfer Nordfriedhof – auch mit Hilfe dieser App erkunden: http://app.wo-sie-ruhen.de/#

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