Architektur-Visionen: Pier One und bebaute Brücke

Visionen öffnen unseren Denkraum. Das gilt auch für Visionen in Sachen Architektur und zukünftiger Stadtplanung. Auch Düsseldorf braucht innovative Ideen, denn das Stadtgebiet ist ziemlich zugebaut. Neue Baugebiete lassen sich kaum noch erschließen. Da ist dann Kreativität gefragt, um neuen Wohnraum zu schaffen und die Stadt weiter zu entwickeln. Einer der kreativen Düsseldorfer Architekten ist Christoph Ingenhoven. Er hat sich seine Sporen u. a. in Singapur verdient – hier gibt’s mehr zu seinem Projekt Marina One. Dann sorgte er mit dem Projekt Kö-Bogen in seiner Heimatstadt für Furore. Jahrelang hatte er sich den Mund fusselig geredet, den meiner Ansicht nach unendlich hässlichen Tausendfüßler verschwinden zu lassen, den Durchgangsverkehr unter die Erde zu verlegen und das obere Ende der Kö samt Seitenstraßen aufzuwerten. Ist voll gelungen!

Visionär ist auch der Vorschlag von Ingenhoven Architects für einen Brückenschlag im Medienhafen. Pier One nannte er seine Idee, neue Wege für Fußgänger im Hafen durch eine Verbindung vom Hyatt-Hotel zur Plange Mühle zu bauen. Die kurze Landzunge der Halbinsel Kesselstraße dazwischen soll mit einem Gebäude verlängert werden, das auf 180 Pfählen über dem Wasser ruht. Den Hafen verändern sollen vier Brücken, die Speditionsstraße, Kesselstraße und Weizenmühlenstraße direkt miteinander über das Pier One verbinden. „Damit entsteht ein neues Wegenetz und ein neuer öffentlicher Raum auf dem Wasser“, beschreibt das Architektenbüro auf seiner Webseite.

Die Idee, die Landzungen im Düsseldorfer Hafen meiteinander zu verbinden, reicht zurück bis zur Ausstellung „Living Bridges“. Kuratiert vom Centre Pompidou Paris und der Royal Academy London, gastierte sie im Jahr 2000 im NRW-Forum in Düsseldorf und präsentierte bereits die städtebauliche Vision eines Wegenetzes aus schwimmenden Brücken und Stegen. Das Pier One ist die logische Konkretisierung dieser Idee. Aus dem geplanten Baubeginn im Jahr 2021 wurde bisher jedoch nichts – und vielleicht bleibt alles nur eine Vision?

www.ingenhovenarchitects.com/projekte/weitere-projekte/pier-one-duesseldorfer-hafen/

Einen ähnlich – wenn nicht noch gewagteren – Vorschlag machte RKW Architektur+ zur maroden Theodor-Heuss-Brücke. Aufgrund substanzieller Schäden muss sie früher oder später abgerissen und ersetzt werden – denn eine zweite Carolabrücke mit Brückeneinsturz möchte niemand.

RKW schlug vor, eine bewohnte Brücke zu bauen, die noch dazu „grün“ ist. ‚Green Bridge‘ verbannt den motorisierten Verkehr in eine Röhre. Das schafft Platz für einen Landschaftspark über den Rhein. Ein zusätzlicher Park mit Bäumen und viel Grün, neue Aufenthaltsqualität – das wäre ein Plus für unsere Stadt. Zumal die Herausforderungen des Klimawandels in den kommenden Jahren und Jahrzehnten sicherlich erfordern, dass gerade die zugebauten innerstädtischen Viertel deutlich grüner werden müssen. Genial finde ich die Ideen, an den „Auffahrten“ zur Brücke Gebäude zu errichten: zusätzlichen Wohnraum mit spektakulärer Aussicht auf die Stadt. Diese Vision wird vermutlich nie umgesetzt werden können, zu kompliziert ist die Finanzierungslage: Die Kosten der Bundesstraße müsste der Bund übernehmen, den Park vermutlich die Stadt bezahlen und private Investoren die Wohngebäude … und wer wäre dann zuständig, wenn irgendwas marode wird? Und wer würde bei den Wohnungen ins Grundbuch eingetragen? „Gar wönzige“ Details… Es ist aber definitiv ein schöner und vor allem wegweisender Traum.

https://rkw.plus/de/wettbewerb-beitrag/green-bridge-duesseldorf-initiativentwurf-fuer-die-theodor-heuss-bruecke/# – und hier der ausführliche Vorschlag: https://rkw.plus/wp-content/uploads/2022/01/rkw_pm_green-bridge-duesseldorf_220131.pdf

Übrigens: Wenn ich an „bebaute Brücken“ denke, dann ploppen in meinem Hirn Bilder von Klassikern auf: der Krämerbrücke in Erfurt, der Rialtobrücke in Venedig, der Alten Brücke (Ponte Vecchio) in Florenz und der Pulteney-Bridge im englischen Bath.

Habe ich nun Lust auf eine Führung zu den architektonischen Highlights Düsseldorfs geweckt? Ich biete gleich zwei Routen an: Medienhafen (natürlich!) und die Innenstadt – und das ist mehr als die beiden Kö-Bögen… :) Kontaktieren Sie mich!

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