Wie unscheinbar kann ein Kunstwerk sein, dass ich es jahrelang übersehe? Es ist in der Eingangshalle des K20, vor dem Kassenbereich. Man muss also bei jedem Besuch direkt daran vorbei gehen. Bin ich derart unaufmerksam, dass mir das peinlich sein müsste? Ein kurzes Gespräch mit meiner kunstaffinen Begleitung ergab: Sie kannte dieses Werk auch nicht. Da bin ich fast schon erleichtert :)
Einer der führenden Konzeptkünstler der Welt – der US-Amerikaner Lawrence Weiner – hat sich an der Struktur des Gebäudes zu schaffen gemacht. Sechs Zentimeter im Quadrat misst die Aussparung, die den Putz der Säule bis auf ihren Betonkern abträgt:
Muss ich jetzt zugeben, dass ich es völlig okay finde, dass dieses Kunstwerk übersehen wird? Es freut mich natürlich, ein Werk eines Künstlers ständig im K20 zu haben, dessen Name in einem Atemzug mit Sol LeWitt genannt wird. Aber zu diesem Werk aus dem Jahr 1969 fehlt mir auch nach längerem Betrachten noch der Zugang. Ähnliches habe ich als Kind gemacht – und mir dafür von meinen Eltern eine kräftige Standpauke eingefangen. Sie wollten einfach nicht, dass ich Löcher in die Tapete mache und schaue, wie tief es durch die Gipskartonplatte bis zum Mauerwerk ist…
Aber andererseits: Hinter das Offensichtliche zu schauen, Dingen auf den Grund zu gehen, das eigentliche Wesen zu eruieren – all dies mache ich täglich in meinem Hauptberuf als Journalistin. Also ist es doch genau mein Kunstwerk. Und dass es unscheinbar ist, auf Understatement angelegt, macht es mir auch sehr sympathisch.
Ist es nicht genau dieses Gegensätzliche an Empfindungen und Gedanken, das ein solches kleines Kunstwerk zu wirklich großer Kunst macht? Gerne steige ich mit Ihnen in den Ring und diskutiere darüber.
Vielleicht im Rahmen einer Führung? Haben Sie nun Interesse daran, mit mir durch Düsseldorf zu spazieren und die leicht zu übersehenden Kunstwerke im öffentlichen Raum zu entdecken? Herzlich gerne – bitte kontaktieren Sie mich.