Fritz’s Frau Franzi – die Dame lohnt einen Besuch. Definitiv!
Das beginnt schon beim Reinkommen, als die junge Frau hinter der Bar ihren „netten Kollegen“ anpreist, der uns zum Tisch führen werde. Ich lächele das erste Mal. Der stellt uns nun vor die Entscheidung zwischen zwei Tischen. Wir entscheiden uns für den mit freiem Blick auf die Blumen-Deko an der Rückwand – Laura Ashley in Seidenblumen-3D, wie ein Blick in den Garten. Sehr geschmackvoll.
Dann die Karte, deren Einteilung nicht dem Standard folgt – Vorspeisen, Hauptgerichte, Desserts. Spassbringer, Gemüsegarten, Landpartie, Wasserstoff, Süsskram – so lautet hier die Einteilung. Schon beim Austeilen erklärte der Kellner, der Größe nach seien alles eher Zwischengerichte, um satt zu werden bräuchte man also zwei bis drei.
Also landeten auf unseren Tellern Milchlamm und Roastbeef – und wurden zufrieden verspeist. Die Kombination aus Wildgarnele und Knurrhahn gebraten mit Ratatouille, Kräutern der Provence und Bouillabaisesud, der in einer gläsernen „Teekanne“ zum Nachschenken serviert wurde, schmeckte so gut, dass es sich eine von uns statt süßer Nachspeise als dritten Gang bestellt hat.
Bei mir war der in zwei Gängen servierte Seehecht dran. Einmal roh mariniert mit Gemüse im Reisblatt in schaumigem Kokos-Galgant-Sud, einmal im Pergamentpapier gegart mit Erdnüssen und säuerlicher Vinaigrette. Ich war beide Male hingerissen von der feinen Abstimmung der Geschmacksnoten. Dazu ein Rosé … für mich sind Rosés sommerlich-leichte Tropfen, da passt der erste Vorschlag eines Barrique-ausgebauten nicht. Aber der zweite war okay.
In der Rubrik „Süsskram“ findet sich das vom Kellner angepriesene „Erdbeer und Rhabarber“: In einem Schoko-Ei verstecktes Rhabarberkompott auf Topfenmousse mit Erdbeerstückchen, Basilikumsauce und Olivenöl – der Hammer! Großartig war allein schon die Präsentation von „Schokolade“ mit Eis, Haselnussparfait mit Gewürzpuder, Hippenblätter und Haselnusserde (wobei ich bei den zwei letzteren erst mal googeln musste, was das genau bedeutet. Hippen sind gebackene Knusperstücke aus hauchdünnem Teig, die hier tatsächlich als von den Bäumen gefallene Blätter auf dem Teller lagen): die Schoki kam in Pilz-Form und der Teller sah aus wie ein Herbstbild – wunderschön. Und ebenso schmeckte es auch.
Noch was fiel uns auf: Die Gäste waren zumindest an dem Abend total entspannt. Am Nebentisch saß ein Paar – sie stellte irgendwann die Füße auf die Sitzbank, hatte was von Zuhause-Wohlfühl-Atmosphäre – und ließ uns an ihren außergewöhnlichen Bestellungen teilhaben. Der Wein kam mit einem Aufsatz und wurde quasi tropfenweise aus der Flasche herausgepresst. Das hatte ich noch nirgends vorher gesehen.
Fazit: Um viele Hotel-Restaurants sollte man einen Bogen machen – dieses hier lohnt einen Umweg ;)
PS (und Nachtrag im November 2017): Wie richtig ich mit meiner Schwärmerei lag, beweist der Michelin-Stern, den das Restaurant erhalten hat – Gratulation!