Sehr stark geweint muss er haben. Wie sonst lässt sich eine derartig intensive Tränenspur erklären. James Lee Byars war erklärter Fan von Joseph Beuys. Als dieser am 23. Januar 1986 verstarb, hat sein Künstler-Kollege wohl so manche Träne vergossen. Wir können diese Spuren der Tränen heute noch erblicken, und zwar rechts neben dem Eingang der Kunsthalle. Eine rote Linie zieht sich vom Dach bis zu einem kleinen Absatz. Dort prallt die Träne auf, platzt und zerspringt in viele kleine „Tränen-Rinnsale“.
Das nenne ich tiefe Trauer.
Zumal die Kunsthalle ein symbolischer Ort dieser Künstlerfreundschaft war. Tagelang saß der US-Künstler einst auf dem Dach der Kunsthalle und rief einmal pro Stunde laut „Beuys-Platz“ über den Grabbeplatz als Zeichen, dass er den zu dieser Zeit extrem umstrittenen zeitgenössischen Künstler Beuys für soviel wichtiger hielt als den schon lange verstorbenen Dichter Grabbe.
Dass der gebürtige Detroiter Byars nach Deutschland kam und eine derart enge Verbindung zu unserem Heimatland aufbaute, ist dem Deutschen Akademischen Austauschdienst zu verdanken. Dieser vergab ein Stipendium an Byars. Und deshalb verwundert es dann doch nur ein ganz kleines bisschen, dass der Titel des Kunstwerks tatsächlich auf Deutsch „Die Träne“ lautet und nicht auf Englisch „The Teardrop“ oder so ähnlich.
Die Kunsthalle ist übrigens nicht nur ein „hässliches Gebäude“, sondern ein herausragendes Beispiel des Architekturstils des Brutalismus…
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