Auf einer Wiese im Gelände der Uniklinik steht ein Denkmal, das „Dem Retter der Kinder“ gedenkt: Arthur Schlossmann. Wer wie ich wenig Ahnung von Medizingeschichte hat, dem möchte ich in diesem Blog-Beitrag den Ehrenbürger der Medizinischen Akademie Düsseldorf vorstellen, zu dem Schloßmann im Juni 1932 ernannt wurde.
Arthur Schlossmann – manchmal wurde er auch Schloßmann geschrieben – erblickte am 16. Dezember 1867 in Breslau das Licht der Welt. Er wurde Kinderarzt (Pädiater) und widmete sein Leben und Arbeiten der Gesundheit, vor allem der ganz Kleinen. 1898 gründete er in Dresden ein Säuglingsheim und die weltweit erste Spezialklinik für kranke Säuglinge.
Dann wechselte er von der Elbe an den Rhein und wurde in Düsseldorf ab 1906 bis zu seinem Lebensende Ordinarius für Kinderheilkunde an der neu gegründeten Akademie für praktische Medizin, der Vorläufer des heutigen Universitätsklinikums. Ab 1909 leitete er auch die Infektionsklinik. Dort forschte er zu Krankheiten wie Tuberkulose, Masern, Scharlach und Diphtherie. Parallel war er auch stellvertretender Direktor der Städtischen Krankenanstalten Düsseldorf.
1907 stieß Schlossmann gemeinsam mit hohen Regierungsbeamten die Gründung des Vereins für Säuglingsfürsorge im Regierungsbezirk Düsseldorf an. Dieser Verein widmete sich der Fortbildung für Ärzte ebenso wie der Einrichtung von Fürsorgestellen und der Ausbildung von Säuglingspflegerinnern und Fürsorgerinnen. Daraus entstand die Berufsgruppe der Fürsorgerinnen, die ganzheitlich auf den Gesundheitszustand einer ganzen Familie blicken.
Damit aber nicht genug, denn die Kinderheilkunde ließ ihn nicht los. So war er zeitgleich Direktor der Kinderklinik der Städtischen Krankenanstalt sowie ärztlicher Leiter des Städtischen Kinder-Pflegehaus Ratinger Straße 9/13. Das war 1920 in die vormalige Departemental-Irrenanstalt eingezogen. 1923 wurde er zum ordentlichen Professor für Kinderheilkunde der Medizinischen Akademie Düsseldorf ernannt.
Aus Sorge um die hygienische Ernährung von Säuglingen wurde er zum Sozialhygieniker. Denn er kümmerte sich auch um die Produktion der Milch, mit der die Kleinen gefüttert wurden. Keimarme Säuglingsmilch war das Ziel. Dazu forschte er über Hygiene im Kuhstall.
Schlossmann engagierte sich auch – heute würde man sagen als Multiplikator. Er sorgte dafür, dass das Wissen über Hygiene und Gesundheit in der Breite der Bevölkerung ankommt. Denn in den Jahren 1925/1926 war er einer der Organisatoren der GeSoLei, der Großen Ausstellung für Gesundheitspflege, soziale Fürsorge und Leibesübungen. Hier organisierte er den Gesundheits- und Sozialteil. Im gleichen Jahr 1926 gab er den Anstoß zum Reichsmuseum für Gesellschafts- und Wirtschaftskunde und wurde zum Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina gewählt. Im Folgejahr 1927 wurde er in den Vorstand des Fünften Wohlfahrtsverbands auf Reichsebene gewählt. Daraus entstand der heutige Paritätische Wohlfahrtsverband. Gleichzeitig war Schlossmann Vorsitzender des Provinzialverbands Rheinland von diesem Wohlfahrtsverband.
All diese Ämter behielt er bis zu seinem Tod am 5. Juni 1932. Spätestens bei dieser Jahreszahl klingeln alle „Alarmglocken“ – denn die Schlossmanns waren jüdischen Glaubens. Arthur Schlossmann hatte noch Glück, denn er starb, bevor die Hetze auf Juden, deren Deportation und Massenvernichtung durch die Nationalsozialisten einsetzte.
Auch seine Frau Clara war übrigens enorm rührig und engagiert. Sie war Abgeordnete in Düsseldorf und Mitbegründerin des „Deutschen Verbandes für Hauspflege“ in Düsseldorf und als dessen Vorsitzende war sie zugleich Vorstandsmitglied des „Bundes Deutscher Frauenvereine“. Ihr ältester Sohn Hans Schlossmann war ebenfalls Mediziner und Pharmakologe, Tochter Erna wurde Kinderärztin und Sozialhygienikerin und heiratete Albert Eckstein, den bis 1932 Rektor der Kinderklinik Düsseldorf war.
Auch Eckstein war Jude – was man ebenfalls aus der Jahreszahl ableiten kann, in der seine Karriere nazibedingt endete. Ich finde es immer wieder erschütternd, welche Ignoranz hinter jeder Art von nationaler oder völkischer Ideologie steht. Denn dass der Glaube oder die Herkunft eines Menschen nichts mit dessen Charakter oder dessen Fähigkeiten zu tun hat, sollte klar sein. Die Schlossmanns waren wie viele andere Menschen jüdischen Glaubens zutiefst humanistisch geprägt und setzten ihre Fähigkeiten zum Wohle der Gesellschaft – also von uns allen – ein. Noch heute profitieren wir von ihren Forschungen, Erkenntnissen und ihrem Einsatz. Die Menschheit beraubt sich selbst durch diese Ideologien vieler Chancen.
Um Schlossmann zu ehren, dafür wurde im März 1996 auf dem Gelände des Universitätsklinikums Düsseldorf eine neue Kinderklinik eröffnet. Sie trägt den Namen „Schlossmannhaus“.
Schlossmann war auch Mitglied des Kuratoriums der Fellingerschen Stiftung Waldesheim, die als privates Sanatorium auf halber Höhe oberhalb der heutigen Ernst-Poensgen-Allee lag.