Skulpturen streicheln ist ausdrücklich erwünscht

Wen hat es noch nicht in den Finger gejuckt, eine Skulptur anzufassen? Die Formen zu erspüren? Das Material zu ertasten? Die aktuelle Ausstellung „Please Touch“ im Kunstpalast hält, was sie verspricht: Alles darf angefasst werden. „Vorsichtig mit den Händen“, wie es im Eingangsbereich an der Wand steht. Umgekehrt interpretiert: Draufklettern und Küssen verboten :)

Aber warum freut sich ein Museum schon darüber, dass Besucher den Kunstwerken handgreiflich nahe kommen? „Wir haben uns auf ein Experiment eingelassen“, sagt Generaldirektor Felix Krämer. Denn normalerweise ist es nur der Künstler selbst, der eine haptische Erfahrung mit den Strukturen seines Werkes während des Entstehungsprozesses hat. Nun werden alle Besucher eingeladen: please touch – bitte berühren.

Es gibt echte Handschmeichler. An anderen Werken lassen sich raue Stelle erfühlen. Innen sind Holz-Skulpturen nicht ganz so glatt wie außen. Und man fühlt die unterschiedlichen Materialien: Bronze fühlt sich kälter an als Keflar, Marmor klingt nicht, Plastikwürfel und Glas fühlen sich anders an als Fiberglas. Ob bei den Skulpturen aus Cortenstahl am Ende der Ausstellung blank polierte Stellen entstehen? All dies ist Teil des Experiments: „Wir werden es sehen“, antwortete Felix Krämer dazu.

Statt die Kunstwerke nun hier im Blog zu präsentieren, zeige ich Dir, wie sehr mich die Werke zum Berühren inspiriert haben und mit meinen Händen ganz neue Geschichten erzählen: Eine Skulptur beißt mich beinahe in den Arm. Einer anderen ziehe ich die Ohren lang. Der nächsten schüttele ich die Hand.

Auffällig ist, wie die Interaktion mit den Kunstwerken auch die Besucher zur Interaktion anregt. So intensiv habe ich noch nie mit anderen Besuchern geplaudert, Inspirationen, Erfahrungen und Gedanken zu den Werken ausgetauscht. Es ist so viel mehr als eine bloße Kommunikation zwischen Werk und Besucher, die bei dieser Ausstellung entsteht.

„Mit dem Handy die Skulpturen zu berühren ist weiterhin nicht erlaubt“, mahnt mich eine der netten Aufseherinnen, als ich beim Fotografieren der Skulptur zu nahe komme. Im Interesse der Kunstwerke sollte man sie auch nicht mit Metallknöpfen an der Kleidung oder metallenen Reißverschlüssen berühren. Denn Kratzer verderben den Genuss für nachfolgende Besucher.

Es ist wohl erst das zweite Mal in der Geschichte des Kunstpalasts, dass explizit zum Anfassen von Kunstwerken aufgefordert wird. Das erste Mal war in den 1950er-Jahren in einem Raum mit Skulpturen des englischen Bildhauers Henry Moore. Über dessen Handschmeichler im Hofgarten habe ich in diesem Blog auch bereits geschrieben.

Interessant war auch, was während der Pressekonferenz zur Eröffnung dieser Ausstellung von Felix Krämer und dem Künstler erzählt wurde. Und wie viel Spaß die beiden mit einer Maske hatten, die das Antlitz von Tony Cragg zeigt. „Wer will nicht einen echten Cragg zuhause haben? Für 200 Euro können Sie die handsignierte Maske kaufen, die in einer 200er-Auflage gefertigt wird“, wirbt Krämer. Woraufhin Cragg scherzhaft Menschen, die ihn nicht mögen, riet, die aus Hanf gefertigte Maske in Wasser aufzulösen und ihn so verschwinden zu lassen. Unsigniert und unlimitiert kostet die Cragg-Maske im Museumsshop 12 Euro.

Tony Cragg: „Please Touch“
bis 26. Mai 2024
im Kunstpalast
Ehrenhof

Wer außerhalb dieser Ausstellung Interesse an Tony Craggs Werken hat, kann sie in Wuppertal besuchen. Und dort – im Park – ebenfalls anfassen, fühlen, streicheln. Als Ausflugstipp habe ich bereits vor einiger Zeit einen Blog-Beitrag über den Skulpturenpark Waldfrieden geschrieben.

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